New York
Der junge Bengel, der da gerade am JFK landet, ist Anfang Zwanzig. Den Seesack geschultert und gleichermaßen unsicher, hungrig und naiv, stürzt er sich in das laute New York – damals im Frühjahr 1990. Gerade die Heimat im Osten Deutschlands verlassen, hat er jeden Groschen umgedreht und irgendwie geschafft, diesen Flug zu bezahlen. In einem heruntergekommenen YMCA, bezieht er ein ebenso billiges wie trostloses Zimmer durch das der Wind pfeift. Doch er ist glücklich. Denn er ist in New York und er kneift sich immer wieder und wieder. Noch vor nicht allzu langer Zeit war diese Reise für ihn undenkbar. Nun ist er hier und er will nicht schlafen, nicht eine Minute. Sieben Tage und Nächte streift er durch die Stadt. Sieben Tage, die ihm alles bedeuten. Und noch lange wird er davon erzählen und zehren…
25 Jahre später. Es wurde Zeit zurückzukehren. Das erste Mal nach all den Jahren. Die Erinnerung ist nie verblasst. Wieder läuft der gleiche Soundtrack, als der Flieger zum Landeanflug ansetzt. Und auch wenn der Bart grau geworden ist, leuchtet das Blau der Augen genau noch so wie damals beim Anblick des ersten Yellow Cab aus dem Flugzeugfenster. New York – du Koloss. Da bin ich wieder – gekommen, meine Erinnerungen zu fotografieren. Nimm meine Augen, nimm mein Herz.
Wie begegnet man einer Stadt, von der es mehr Fotos zu geben scheint, als vom Rest der Welt? New York zu erkunden ist, als würdest du in einem Bildband blättern, den du schon hunderte Male durchforstet hast. Jedes Detail scheint sich in deinem Kopf eingebrannt. Und nichts braucht die Welt weniger, als das ich jetzt noch mal alles genau so abfotografiere.
New York erfüllt mit Bravour innerhalb kürzester Zeit jedes erwartete Klischee und interessiert sich dabei nicht dafür, was du von ihr hältst. Alles hier ist zu groß, zu laut und zu beeindruckend um es zu ignorieren. „Die Stadt die niemals schläft“ hält sich selbst wach und spuckt in regelmässigen Abständen die Verlierer aus, die dem Irrtum von „if you make it there, you´ll make it anywhere“ erlegen sind. Aber am Ende ist es wahrscheinlich genau dieser Glaube, der diese Stadt so einzigartig macht. Ja, New York scheint unbesiegbar. Dieses riesige Schiff aus kaltem Metall und morbiden Beton – jederzeit bereit auszulaufen – weiss, dass es keinen Sturm auf der Welt gibt, der es tangiert. Manhattan ist das Mutterschiff. Der Lärm, der dich in allen verfügbare
Frequenzen anspuckt, ist ihr unsichtbares Nebelhorn. Es ist ihr egal, ob es gerade notwendig erscheint, dich zu warnen. Sie warnt dich – vor was auch immer – und du bleibst aufmerksam.
Nie war Herz und Auge so dicht beieinander, als in den vergangenen drei Wochen New York.
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